Bei den am 4. Februar in Peking beginnenden 24. Olympischen Winterspiele werde heuer pandemiebedingt das fehlen, was Olympia ausmacht: „Die fröhliche Begegnung von Menschen aus aller Welt, Begeisterung und Lebensfreude.“ Das betonte der ehemalige österreichische „Olympia-Seelsorger“, P. Bernhard Maier, Direktor der Salesianergemeinschaft in Amstetten, im Interview mit der Kirchenzeitung der Diözese St. Pölten „Kirche Bunt“ (aktuelle Ausgabe).
P. Maier begleitete als Olympia-Seelsorger die österreichischen Athletinnen und Athleten von 1984 bis 2012 bei 16 Spielen sowie bei sieben Paralympischen Wettkämpfen.Eine kurzfristigen Absage aufgrund der Menschenrechtsverletzungen in China „wäre gegen die Vernunft und gegen die Sportler gewesen“, so Maier. China werde sich durch die Spiele nicht verändern, die Überwachung sei zu massiv. Aufgrund der Pandemie werde es kaum Begegnungen mit der chinesischen Bevölkerung geben. Dass der chinesischen Bevölkerung bei einem Unfall mit ausländischen Athletinnen und Athleten Erste Hilfe untersagt sei, um sich nicht anzustecken, sei „menschenrechtlich bedenklich, auch bei einer Pandemie“.
2008 habe man den Athletinnen und Athleten in Peking eine katholische Kapelle sowie orthodoxe, islamische und jüdische Gebetsstätten angeboten, erinnerte sich Maier. Der Gründer der Spiele der Neuzeit, Baron Pierre de Coubertin, habe auf den religiösen Aspekt der antiken Wettkämpfe zurückgegriffen. „Er wollte bei Sportlern und Zusehern ein religiöses Empfinden wiedererwecken, verfolgte mit seiner olympischen Bewegung aber doch nur ein humanistisch-ethisches Ziel: Völkerverständigung und menschliche Vervollkommnung“, betonte der ehemalige Olympia-Kaplan. Heute seien die Olympischen Spiele säkular, mit Religion bringe man sie kaum noch in Verbindung.
Gemeinsam schneller, höher, weiter
Fairness, Völkerverständigung und die Begegnung der Menschen seien nach wie vor zentrale Gedanken des olympischen Geists. „Die Spiele haben sich immer als Friedensbewegung verstanden. Das Internationale Olympische Komitee ergänzte auf Vorschlag von IOC-Präsident Thomas Bach 2021 das Motto ’schneller, höher, weiter‘ um den wichtigen Zusatz ‚gemeinsam‘.
„Pfarre der Sportler“
Für den früheren „Olympia-Kaplan“ sei zuhören, trösten, Kranke besuchen und Gottesdienste anbieten wichtig gewesen, aber auch, Wettkämpfe zu besuchen und mitzufeiern. „Zwischen den Olympischen Spielen habe ich auch Sportler getraut, deren Kinder getauft und an Begräbnissen teilgenommen. Immer wieder besuchte ich Athleten und Funktionäre.“ In über 25 Jahren sei so etwas wie eine Pfarre der Sportler mit insgesamt mehr als 3.000 Adressen entstanden. „Es war einfach schön, bei ihnen ganz dazuzugehören.
„Gottesdienste zu feiern, sei das „Wunderbarste“ gewesen, oft mit vielen Menschen, etwa mit dem gesamten österreichischen Skiteam. „Hubert Strolz war mein erster Ministrant im Jahr 1984 bei den Spielen in Sarajewo, vier Jahre später wurde er in Calgary Olympia-Sieger. Er hat mir damals den Einstieg als Olympia-Seelsorger sehr erleichtert. Die Pastoral war für mich stets das zentrale Anliegen“, erzählte er. Von Begegnungen könne er viel berichten. „Ich habe mich zum Beispiel immer gefreut, wenn Marlies (Schild) und Benni Raich bei den Messen dabei waren.“ Auch der Gottesdienst in Nagano mit Hermann Maier nach seinem spektakulären Sturz bleibe in Erinnerung.
P. Bernhard Maier wurde 1950 im deutschen Göppingen geboren. Als Zehnjähriger wurde er Schüler der Salesianer Don Boscos in Unterwaltersdorf, 1967 trat er in den Orden ein. Der habilitierte Sportwissenschaftler hat von 1984 bis 2012 die österreichischen Mannschaften begleitet und bekam den Ehrentitel „Olympia-Kaplan“.
Foto: P. Bernhard Maier zeigt ein Bild mit den früheren Skistars Marlies und Benni Raich.